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Neonazi-Aufmarsch in Demmin am 8. Mai 2022: rücklaufende Teilnehmendenzahl & verhärtete Ideologie


“Das ist unsere Mission, das ist unser Konflikt, das ist unser Krieg, das ist unsere Aufgabe.” - Der Appell, den Sven Skoda (Die Rechte) bei der Abschlusskundgebung der als “Trauermarsch” angekündigten Neonazi-Demo in Demmin am 08.05.2022 an die insgesamt 130 Teilnehmenden richtete, ließ keinen Zweifel an seiner tiefsitzenden Ablehnung der bestehenden demokratischen Grundordnung.


Dieser Krieg, von dem die Rede war, richte sich Skoda zufolge gegen die “Republik”, in der er lebt und die von ihm benannten “Minusmenschen”. Als solche diffamiert er die an diesem Tag zahlreich erschienen Gegenprotestler:innen sowie Medienvertreter:innen und Politiker:innen. Ähnlich hatte sich Skoda bereits am 13.02.2022 im Rahmen des alljährlichen Neonaziaufmarschs anlässlich der Bombardierung Dresdens geäußert. Die gewählte Formulierung “Minusmensch” konnte bei Zuhörer:innen außerdem Assoziationen zu dem während des Nationalsozialismus häufig verwendeten Begriff “Untermensch” wecken.


Wie auch Dresden ist Demmin ein zentraler Ort für die deutsche Neonaziszene. Kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee hatten dort fast 1000 Suizide stattgefunden, was zum damaligen Zeitpunkt einem erheblichen Anteil der Bevölkerung entsprach. Die Stadt in Mecklenburg-Vorpommern wird seitdem jährlich (bis auf 2020 & 2021) zum 8. Mai von Neonazis besucht, um die für die Szene charakteristische Täter-Opfer-Umkehr und den damit zusammenhängenden deutschen Opfermythos zu propagieren. Auf diese Weise findet eine Instrumentalisierung des Tags der Befreiung statt. So auch in diesem Jahr.


“Wir feiern nicht 8. Mai 1945 – Wir vergessen nicht” hieß es demzufolge auf dem Fronttransparent des Demonstrationszugs, der sich erst deutlich später als zuvor geplant ab 19 Uhr in Bewegung setzte und federführend von der NPD organisiert wurde. Neben Sven Skoda war demnach unter anderem Stefan Köster, der Bundesgeschäftsführer und Landesvorsitzender des NPD-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, zugegen. Auch die Jungen Nationalisten waren mit mehreren Nachwuchskadern vertreten und veröffentlichten im Anschluss ein Inszenierungsvideo, was auf pathetische Weise die doch eher trostlose Kulisse versuchte wiederzugeben. Begleitet wurde die Demonstration die meiste Zeit durch lautstarken Gegenprotest, zu dem im Vorfeld ein breites Bündnis aus Parteien und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen aufgerufen hatte.


Der Zulauf zur Neonazi-Demo war mit insg. lediglich 130 Teilnehmenden deutlich geringer, als es noch in den Jahren vor der Pandemie der Fall gewesen ist. Bis dahin waren regelmäßig bis zu 200 rechtsextreme Kader aus ganz Deutschland angereist. Dennoch ließen sich auch dieses Jahr wieder eine erhebliche Instrumentalisierung des 8. Mai, dem Tag der Befreiung, und zahlreiche geschichtsrevisionistische Aussagen dokumentieren.


Den beteiligten Akteuren ging es an jenem Tag wie sonst auch um nichts anderes als den Umsturz des bestehenden Systems. Genau daraus nämlich besteht die “Mission” von der Sven Skoda in seiner Rede sprach.


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