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Hunderte auf israelfeindlicher Al-Quds-Demonstration in Berlin


1979 rief der iranische Revolutionsführer Ayatollah Chomeini erstmals den “Al-Quds-Tag” aus. Fortan solle an diesem Tag jährlich für die Vernichtung Israels und die “Befreiung Jerusalems” (arab. Quds) weltweit demonstriert werden.

Gegen den diesjährigen Aufmarsch in Berlin protestierten am 23. Juni 2017 mehrere hundert Menschen. Zur Demonstration hatte im Vorfeld ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aufgerufen. Ein zweites, antifaschistisches Bündnis organisierte zudem eine Kundgebung in unmittelbarer Nähe zum Startpunkt des Aufzuges. Während die Demonstrant_innen hier ihre Solidarität mit Israel und der iranischen demokratischen Opposition zum Ausdruck brachten, skandierten die Teilnehmer_innen des Al-Quds-Marsches nur wenige Meter weiter Parolen wie “Zionisten sind Faschisten”, “Palästina bis zum Sieg” und “Kindermörder Israel”. Unter anhaltenden Parolen und Reden bewegten sich die zwischenzeitlich etwa 600 Teilnehmer_innen durch den Berliner Westen. Begleitet wurden sie auch während des Marsches von Gegendemonstrant_innen, die am Rand der Strecke protestierten.

Jürgen Grassmann, der die Demonstration über mehrere Jahre anmeldete und in diesem Jahr den Veranstalter, die Quds-AG, repräsentierte, behauptete in seiner anfänglichen Rede, der IS würde vom “Trio USA, England, Israel” geführt, um islamische Länder unterdrücken zu können. Der IS sei “amerikanischer Terrorismus und die IS-Terroristen demnach amerikanische Dschihadisten”. Als Beleg für diese Behauptung führte er wiederholt Bilder an, die den israelischen Ministerpräsidenten beim Besuch von IS-Kämpfern in israelischen Krankenhäusern zeigen sollen. Anwesenden Journalisten bescheinigte er, von Zionisten kontrolliert zu werden.

Unter den Teilnehmer_innen des Marsches befanden sich etwa 20 Personen, die in T-Shirts der Kleinstpartei “Deutsche Mitte” auftraten und Unterschriften für die Zulassung zur Bundestagswahl sammelten. Der Vorsitzender der Partei, die verschiedene verschwörungstheoretische und rechtspopulistische Positionen vertritt, Christoph Hörstel, bediente in seiner Rede klassische Narrative des sekundären Antisemitismus: Er lobte einen Text, nach dem Juden sich “als Opfer hinstellen und deswegen muss für alle Zeit die Welt da sozusagen etwas in die Kasse tun – politisch oder finanziell.” Aus ihrer “fiktiven Opferrolle” heraus würden sie meinen, Palästina unterjochen zu können.

Wie das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA e.V.) dokumentierte, zeigten Teilnehmer_innen Propagandabilder der libanesischen Hizbollah sowie eine Fahne der Amal-Miliz, die mit der Hizbollah kooperiert. Die Polizei hatte im Vorfeld untersagt, während der Demonstration Logos oder Embleme der Hizbollah oder ihrer Partnerorganisationen zu zeigen. Obwohl die Polizei die genannte Auflage mit Verweis auf Aussagen deres Generalsekretärs Hassan Nasrallah untersagte, durfte Nasrallahs Konterfei selbst gezeigt werden und fand sich zahlreich auf Schildern und Kleidungsstücken wieder. Omnipräsent waren während des Aufmarsches zudem Flaggen der Islamischen Republik Iran und Portraits politischer, religiöser und militärischer Führungspersonen wie Ruhollah Khomeini, Ajatollah Khamenei oder Qassem Soleimani.

Als Anmelder des Aufzugs fungierte wie im vergangenen Jahr die islamistische “Quds-AG”, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und laut Medienberichten aus dem Umfeld des Vereins “Islamische Gemeinde der Iraner in Berlin-Brandenburg” stammt. Dieser Verein ist eng mit dem Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) verbunden, welches die Bundesregierung als “die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland und eines der wichtigsten Propagandazentren in Europa” einordnet. Der Vorsitzende der zum IZH gehörigen “Islamischen Akademie Deutschland”, Hamid Reza Torabi, lief während der gesamten Demonstration am Frontbanner des Zuges. Noch vor wenigen Wochen sorgte die Einladung Torabis zu einer Friedenskonferenz im Auswärtigen Amt für breite Kritik aus Zivilgesellschaft und Politik.

Der Berliner Al-Quds-Marsch verzeichnete in den vergangenen Jahren Teilnehmerzahlen zwischen etwa 500 bis 1200 Personen. Dabei befanden sich wiederholt auch Rechtsextremist_innen wie der ehemalige Vorsitzende der Berliner NPD, Sebastian Schmidtke (2014), unter den Demonstrierenden. Nachdem es 2014 zu “Sieg Heil”- und „Israel vergasen“-Sprechchören gekommen war, reagierte die Berliner Polizei mit verschärften Auflagen. In diesem Jahr verhinderte sie infolgedessen beispielsweise das Zeigen von Schildern, die Fotos blutverschmierter Kinder zeigten. Die Veranstalter betonten zudem mehrfach, dass die Polizei die gesamte Veranstaltung auditiv mitschneide und mahnten die Teilnehmenden zur Vorsicht in ihren Gesprächen. Zudem wiesen sie alle Anwesenden an, ausschließlich Parolen zu rufen, die vom Lautsprecherwagen vorgegeben werden, um Probleme mit der Polizei zu vermeiden.

Die offene Zurschaustellung von Antisemitismus konnte somit anscheinend eingedämmt werden, die Redner_innen und Teilnehmer_innen bedienten sich nichtsdestotrotz eindeutiger Kodierungen, wenn sie das Bild der “faschistischen Zionisten” zeichneten, die für alles Übel der Welt verantwortlich seien. Wenn diese Reden auch weniger explizit antisemitisch daherkommen, so seien sie nicht weniger hasserfüllt, sagte Levi Salomon, Sprecher des JFDA e.V., in seinem Redebeitrag auf der Gegenkundgebung: “Im Herzen Berlins dürfen wir diese antisemitische Hetze nicht dulden und fordern den Regierenden Bürgermeister und den Innensenator dazu auf, dieser Hassparade den rechtlichen Boden zu entziehen.”

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