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"Spritzen-Holocaust" - Antisemitischer Geschichtsrevisionismus auf Corona-Demonstration in München


Wie in anderen Teilen Deutschlands finden auch in München derzeit wieder vermehrt Proteste statt, die sich vorgeblich gegen die bestehenden Corona-Maßnahmen richten. Auch der wöchentliche “Spaziergang” am Mittwoch erfährt seit einiger Zeit wieder mehr Zulauf, sodass sich am gestrigen Abend, dem 8. Dezember 2021, deutlich mehr als 1.000 Personen daran beteiligten. Insgesamt waren es fast doppelt so viele Menschen, wie noch in der Woche zuvor.


Seit Monaten ist im Zusammenhang mit den sog. Corona-Protesten eine starke Pressefeindlichkeit zu beobachten. Diese zeigt sich deutlich in einer zunehmenden Zahl tätlicher Angriffe auf Journalist:innen, wie zum Beispiel am 4. Dezember in Berlin. [1] Am Sonntag war es in München bereits zu einem Vorfall gekommen, bei dem ein Teilnehmer einer verschwörungsideologischen Versammlungen einen Fotografen ins Gesicht schlug. [2] Im Vorlauf zur gestrigen Veranstaltung wurde von einzelnen Teilnehmer:innen des Aufmarsches auf den sozialen Medien diesmal gar davon gesprochen, man wolle einzelne Journalist:innen gezielt angehen. Dies konnte jedoch unter anderem durch das erhöhte Polizeiaufkommen verhindert werden. [3]


Die von den Veranstalter:innen angedachte Route konnte nicht wie geplant gelaufen werden. Nachdem die Teilnehmenden sich am Wittelsbacher Platz in Bewegung gesetzt hatten, wurden sie bereits auf Höhe der Universität durch die Polizei gestoppt. Grund hierfür war das Nichteinhalten der Corona-Auflagen sowie eine zu geringe Anzahl von Ordner:innen. Die ca. 1.600 Personen kehrten bereits nach ca. einer Stunde und somit wesentlich früher als gedacht zurück zum Ausgangspunkt. Unter den Anwesenden befanden sich zahlreiche Personen aus dem Reichsbürgerspektrum, darunter auch der Anmelder Melchior Ibing des Aufmarsches, der eine umgekehrte Deutschlandfahne mit sich trug. Die Verwendung der entgegengesetzten Nationalfarben ist ein Code der Reichsbürgerbewegung. [4]


Zu beobachten waren außerdem zahlreiche Plakate mit verschwörungsideologischen Inhalten, so war unter anderem von einer “PLAN-demie” zu lesen. Die Formulierung impliziert die Vermutung eines größeren Plans hinter der Corona-Pandemie. Bei entsprechenden Narrativen handelt es sich um eine gängige Rhetorik von Verschwörungsideologien. An anderer Stelle wurde sich mit Verweis auf eine möglicherweise anstehende Impfpflicht auf den “Nürnberger Kodex” bezogen. Dieser beinhaltet medizinethische Grundsätze hinsichtlich von Experimenten an Menschen und hat seinen Ursprung im Rahmen der Nachkriegsprozesse gegen verantwortliche Ärzte während des Nationalsozialismus. Durch die irreführende Bezugnahme auf diesen Kodex vollziehen Teilnehmende der Proteste eine Relativierung der NS-Verbrechen.

Negativ herausstach das Plakat eines Teilnehmers, welches mit Blick auf die Impfungen mit der Aufschrift “Spritzen-Holocaust” versehen war. Dadurch findet eine Gleichsetzung der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen bzw. der industriellen Tötung von sechs Millionen Jüdinnen:Juden und den Impfungen gegen Covid19 statt.


Trotz der Tatsache, dass die geplante Route nicht absolviert werden konnte, nehmen die Veranstalter:innen den gestrigen Abend als Erfolg wahr. Bei der erreichten Teilnehmendenzahl handelte es sich um die höchste seit Beginn des sog. Mittwochsumzugs, der bereits seit März durch “München steht auf” organisiert wird. Mit Blick auf die nächsten Wochen ist, wie an vielen anderen Orten Deutschlands, mit einem weiteren Zulauf zu den Protesten und vermehrten Übergriffen auf Journalist:innen und Politiker:innen zu rechnen.


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