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"Das Boot ist voll!" Hetze gegen Geflüchtete auf Kundgebung in Lübben am 4. Juni 2023


Unter dem Motto „Keine Containerdörfer in Lübben!“ rief die Bürgerinitiative „Unser Lübben“ am 4. Juni 2023 ab 16 Uhr zu einer Kundgebung auf. Anlass war die mögliche Unterbringung von Geflüchteten in der Kleinstadt im Spreewald. Im Vorfeld hatten neben der Anfang Mai gegründeten Bürgerinitiative auch der AfD-Kreisverband Dahme-Spreewald und die brandenburgischen Landtagsabgeordneten Hans-Christoph Berndt (AfD-Fraktionsvorsitzender) und Dennis Hohloch (ebenfalls AfD) zur Beteiligung aufgerufen. Unterstützt wurde die Kundgebung zudem vom rechtsextremen Verein Zukunft Heimat.


Schon der Titel der Veranstaltung war irreführend: In Lübben soll nicht, wie dieser suggeriert, eine Containersiedlung für eine Vielzahl von Geflüchteten entstehen, sondern lediglich ein Gebäude für bis zu 95 Geflüchtete. Mit den bisherigen 71 Geflüchteten vor Ort entspräche entspricht dies lediglich 1,2% der der Einwohner:innen (vgl. Wochenkreisel; Stadt Lübben).


Die meisten der Reden waren geprägt von rassistischen Ressentiments und verschwörungsideologischen Erzählungen. Eine Rednerin behauptete etwa, die Fluchtursachen seien nicht auf Kriege oder veränderte klimatische Bedingungen zurückzuführen, sondern auf die „Agenda“ von „Eliten“.


Bekannte Ressentiments


Die Beteiligten greifen bei Protesten dieser Art auf weit verbreitete Ressentiments gegen Geflüchtete zurück. Gerade männliche Geflüchtete werden als Gewalttäter bezeichnet, die eine Gefahr für Kinder und Frauen darstellten. Auf diese Weise wird das rassistische Bild des fremden, wilden Mannes reproduziert. Wie beschrieben werden auch verschwörungsideologische Narrative verbreitet.

Quelle: RechercheNetzwerk.Berlin

Exemplarisch hierfür ist ein Plakat, das Hans-Christoph Berndt am 4. Juni mit sich trug. Auf diesem war zu lesen: „Globaler Migrationspakt - NO - Wir müssen wieder selbst im Land bestimmen können!“. Der UN-Migrationspakt ist ein rechtlich nicht bindender Vertrag, der im Jahr 2018 vereinbart wurde und dessen Inhalt gewisse Standards im Umgang mit Geflüchteten vorgibt, an denen sich Staaten orientieren können. Seit seiner Unterzeichnung wird der Pakt von Seiten rechter und rechtsextremer Akteure angegriffen, da dieser angeblich in die Souveränitätsrechte der Staaten eingreife und diese zu einer Öffnung der Grenzen zwinge. Ergänzt wird dies durch weitere Falschbehauptungen, die lokale Probleme aufgreifen, wie im Falle Lübbens, wo die Bürgerinitiative auf fehlende Kitaplätze verwies. Die Stadtverwaltung widerspricht und verweist stattdessen auf freie Kapazitäten.


Berndt trat bereits im Mai auf einer Kundgebung gegen die geplante Einrichtung als Redner in Erscheinung. Dort positionierte er sich deutlich gegen die weitere Unterbringung von Geflüchteten in Brandenburg. Zudem zog er in Zweifel, ob es sich überhaupt um legitime Schutzbedürftige handle, wenn diese im Vorfeld durch vermeintlich sichere Länder gekommen seien. Auch wurden Geflüchtete mit Gewalttaten, wie Messerangriffen, in Verbindung gebracht.


Zunehmend Proteste dieser Art


Wie in anderen Orten auch versucht die AfD, Anschluss an Bürgerbewegungen zu finden, die sich gegen die Unterbringung von Geflüchteten aussprechen. Auf entsprechenden Protesten ist sie oftmals mit Redner:innen vertreten oder organisiert diese mit. Der in Teilen weit verbreitete Unmut der Bevölkerung gegen die Unterbringung von Geflüchteten wird genutzt, um die Erzählung von der gefährdeten Nation zu verbreiten. Eine Zusammenarbeit mit der in Teilen rechtsextremen AfD und darüber hinaus mit rechtsextremen Vereinen wie Zukunft Heimat scheint dabei nicht mehr abschreckend für viele Bürger:innen zu sein. Nicht nur in Lübben lassen sich diese Entwicklungen beobachten. Zum Abschluss wies Berndt am 4. Juni bereits auf eine geplante Großdemonstration am 22. Juni in Potsdam hin.

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