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In Gedenken an die Opfer der Brandanschläge in Mölln 1992


In der Nacht auf den 23. November 1992 warfen zwei Neonazis Molotowcocktails auf Häuser, die von türkischen Familien bewohnt wurden. Bei dem rechtsextremen und rassistischen Anschlag kamen drei Menschen ums Leben und weitere neun Menschen wurden schwer verletzt. Wir gedenken Bahide Arslan, Yeliz Arslan, Ayşe Yılmaz und der Verwundeten sowie der Hinterbliebenen.


Rechtsextremistisch motivierte Gewalt ist kein alleiniges Problem der heutigen Zeit. Schon in den 1990er Jahren gab es einen traurigen Höhepunkt entsprechender Ausschreitungen und Ereignisse.


Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bestritten die DDR-Organe vehement ein Fortbestehen bzw. eine Kontinuität von Rechtsextremismus auf DDR-Gebiet. Wenn dieser doch zu Tage kam, wurde er verheimlicht oder gar verleumdet und die Täter mitunter als “Randalierer”, “Rowdys” oder “negativ-dekadente Jugendliche” deklariert (vgl. Stöss).


Die wachsende Unzufriedenheit, auch bedingt durch erschwerte Lebens- und Arbeitsbedingungen in den 80er Jahren brachte eine große rechtsextreme Protestbewegung ins Rollen. Da öffentlicher Protest im DDR-Regime harten Strafen unterzogen war, versammelten sich die Protestler mit großer Gewaltbereitschaft und Brutalität zunehmend in der Fußball- sowie Skinheadszene und brachten diese dort zum Ausdruck. Nach, aber auch bereits vor dem Fall der Mauer stieg der Protest in der jungen Generation an und die rechtsextremen und neonazistischen Bewegungen fanden immer mehr Zuspruch bei jungen Menschen. Einer Studien des Zentralinstituts für Jugendforschung zufolge, stimmten im Jahr 1988 12% der 14 bis 18-Jährigen in der DDR der Zusage zu, wonach “Der Nationalsozialismus [...] auch seine guten Seiten” gehabt habe. Bis November 1990 stieg diese Zustimmung auf 19%, bis 1992 in den neuen Bundesländern gar auf 24% an (vgl. Friedrich).


Auch Westdeutschland war nach dem Zweiten Weltkrieg nie befreit von Rechtsextremismus und Neonazismus. Neben diversen rechtsextremen fragmentierten (Kleinst-)Parteien, die von Zeit zu Zeit immer wieder mal mehr, mal weniger politischen Einfluss hatten, stieg die Gewaltbereitschaft und Militanz durch neonazistischen Gruppierungen im Laufe der 70er Jahren rasant an. Bis in die 90er Jahre wurde der Rechtsextremismus in der BRD zunehmend präsent. Dies galt auch für die restlichen westeuropäischen Ländern, bspw. bedingt durch große Massenarbeitslosigkeit, niedriges Wirtschaftswachstum, Migrationsbewegungen, die politischen Veränderungen in Osteuropa oder die zunehmende Bedeutungslosigkeit von Nationalstaaten.


Nach der sog. deutschen Einheit witterte die extreme Rechte ein großes Rekrutierungspotential in den neuen Bundesländern. Tatsächlich erfuhr sie in den darauffolgenden Jahren großen Zuspruch, bspw. in neonazistischen Terrororganisationen und oder Kameradschaften.


Zeitgleich gab es in ganz Deutschland einen rasanten Anstieg rassistischer Ausschreitungen und Gewalt. Immer wieder kam es zu gewalttätigen Aktionen und Hetze gegen Migrant:innen oder Asylbewerber:innen, die von der restlichen Bevölkerung kommentarlos hingenommen oder gar mit Beifall quittiert wurden.


Ihren Höhepunkt erfuhren die rechtsextremistisch motivierten Handlungen damals in den 1990er Jahren sowie den frühen 2000er Jahren. Beispielhaft nennen lassen sich hier der Mord an Amadeu Antonio Kiowa (1990), die Ausschreitungen in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen (1991 & 1992), der Brandanschlag in Mölln (1992), der Mordanschlag von Solingen (1993), der Lübecker Brandanschlag (1996) oder die NSU-Morde (2000-2007).


Seit 1990 sind in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 109 und 213 Menschen Todesopfer rechter Gewalt geworden. Von zivilgesellschaftlicher Seite gibt es große Kritik an der mangelnden Erfassung rechtsextremer Gewalttaten, da das “Definitionssystem motivierter Kriminalität” des BKAs teilweise als noch sehr fehler- und lückenhaft gilt. Aus diesem Grund sind die Zahlen der Todesopfer rechter Gewalt zwischen staatlicher und nichtstaatlicher Seite sehr umstritten.

Nichtsdestotrotz sind diese Zahlen die traurige Realität, die in Deutschland seit Jahrzehnten vorherrscht.


Quellen:


Friedrich, Walter, Ist der Rechtsextremismus im Osten ein Produkt der DDR?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (B 46/2001).


Stöss, Richard, Rechtsextremismus im vereinten Deutschland, Friedrich-Ebert-Stiftung, 2000.



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