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I said, ‚Auf Wiedersehen‘. 85 Jahre Kindertransport nach Großbritannien

Aktualisiert: 5. Feb.

31.01.-23.02.24 Deutscher Bundestag, Paul-Löbe-Haus


Eine Ausstellung unter der Schirmherrschaft von Jill Gallard CMG CVO, Botschafterin des

Vereinigten Königreich in Deutschland und Miguel Berger, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland im Vereinigten Königreich


Wenn man die Lobby des Bundestags betritt, sticht einem eine große Tafel in die Augen:

Zehn Leitsätze, die Ferdinand Braun im März 1939 vorne in das Gebetsbuch seiner Tochter schrieb, ehe sie mit dem Kindertransport Deutschland verließ. Ursula Braun ist eine der fünf Kinder, deren Schicksal in der Ausstellung porträtiert wird. Die Leitsätze, die an die zehn Gebote erinnern, sollten Ursula das Einleben in dem fremden Land erleichtern und ihr eine Orientierung für ihr neues Leben mit auf den Weg geben.


Diese Tafel, auf der diese Leitsätze in überdimensionaler Größe prangen, eröffnet den Weg in eine Ausstellung, die einen fast vergessenen Teil der Folgen dokumentiert, die der nationalsozialistische eliminatorische Antisemitismus in Deutschland verursacht hat. Und zugleich dokumentiert er Hoffnung: denn die jüdischen Kinder, denen es vergönnt war, auf den Kindertransport nach England zu gehen, haben zwar ihre Familien verloren, aber sie überlebten – allein in der Fremde. Was das mit ihnen gemacht hat, auch das zeigt die Ausstellung auf beeindruckende Weise.


Die zehn Leitsätze zeigen, was die Kinder in der neuen Heimat erwarten würde: Sie beginnen mit der Aufforderung „Vergiss nie, dass du Jüdin bist, dass du für das Judentum gelitten, dass Du es aber trotzdem oder gerade deswegen lieben musst“. Sie enden mit dem Satz: „Wenn es noch so schwer im Leben, denke daran, dass nur Hoffen und Glauben die Menschheit und jeden Einzelnen vorwärts bringt, und dass auch Dir bis jetzt immer schließlich die Sonne des Glückes geleuchtet, und Du nun in eine neue Heimat kommst.“ Dieser Einstieg ist sehr emotional und berührt, so wie auch die weiteren ausgewählten Textpassagen, die auf den vom Eingang sichtbaren Tafeln stehen. Wenn man sich der Ausstellung dann weiter nähert, sieht man, dass jeweils auf den Rückseiten die Geschichten von fünf der Kinder erzählt werden, die Deutschland so verließen. Diese Geschichten können pars pro tot stehen, denn sie alle eint eine ähnliche Erfahrung: Die Trennung vom Elternhaus, die schmerzliche Korrespondenz und Sehnsucht, das plötzliche Verstummen der Nachrichten. So ist das Motto der Ausstellung, dass auch die Titelseite des Katalogs prägt: „Worried as no letter from you“.


Zur Eröffnung der Ausstellung, die von der Kuratorin Ruth Ur liebevoll und sehr beeindruckend zusammengetragen wurde, waren auch zwei Überlebende des

Kindertransports anwesend. Hella Pick, 1929 in Wien in eine jüdische Mittelschichtfamilie

geboren wurde 1939 mit dem Kindertransport nach England geschickt. Ihre Biographie

„Unsichtbare Mauern“ erschien 2022 auf deutsch. Alfred Dubs wurde 1932 in Prag geboren und war als Politiker in der Labour Party zunächst im Unterhaus engagiert. 1994 wurde er in den Adelsstand auf Lebenszeit erhoben und war danach im Oberhaus in verschiedenen Funktionen tätig, unter anderem als Unterstaatssekretär. Seit 2018 setzt er sich aktiv für minderjährige Flüchtlinge ein.


Der Ausstellung ist zu wünschen, dass sie im deutschsprachigen Raum möglichst lange auf Wanderschaft geht. Auch der Katalog bietet eine gute Grundlage für die Arbeit zu diesem Thema in den Schulen. Dabei sollte man sich immer vor Augen führen, dass diese Kinder in ein unbekanntes Land mit einer Sprache geschickt wurden, die sie nicht sprechen konnten. Sie wussten nicht, was sie erwartet und kannten in der Mehrzahl die Menschen nicht, die bereit gewesen waren, sie aufzunehmen. Sie mussten ihre Eltern verlassen, um zu überleben.


Öffnungszeiten und Anmeldung zur Besichtigung der Ausstellung:

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