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AfD-Politiker beteiligen sich an Hass-Kampagne gegen Journalisten


Im Vorfeld des Neonaziaufmarsches am 2. April 2016 in Berlin Marzahn-Hellersdorf wurde ein Fahndungsplakat mit Fotos und Namen vermeintlich „linker” Journalisten in sozialen Netzwerken geteilt und mit Morddrohungen kommentiert. Unter den Betroffenen ist ein Journalist des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V. (JFDA). An der Verbreitung des Bildes beteiligten sich AfD-Funktionäre.

Bereits seit Ende 2014 kursiert im Internet ein Fahndungsplakat mit 18 Portraits und Namen von Pressevertretern unter der Überschrift „ACHTUNG Antifa Fotografen”. Nun wurde es um zwei weitere Personen erweitert und erneut am Abend des 30. März anonym auf Twitter veröffentlicht. Weniger als zwei Stunden später veröffentlichte es der Bärgida-Aktivist und „Reichsbürger“ Christoph K. als erster an verschiedenen Stellen auf Facebook. Kommentiert wurde sein Beitrag eine halbe Stunde später von Norbert L. mit den Worten „Alle töten!”. Dieser Mordaufruf wurde nach 48 Stunden von Christoph K. weder kommentiert, noch gelöscht. Ein Kommentar mit Adressdaten eines Betroffenen wurden mittlerweile entfernt. Der „Steckbrief” wurde zu jetzigem Zeitpunkt mehrere hundert Male weiterverbreitet.

Christoph K. wurde im Dezember 2015 wegen eines von ihm veröffentlichten Facebook-Beitrags während einer nicht genehmigten Kundgebung vorübergehend festgenommen. Er drohte darin der Bundeskanzlerin Angela Merkel und rief auf, das Kanzleramt mit Waffengewalt zu stürmen: „Bitte überprüft sorgfältig Eure Sprengstoffguertel. Reinigt Eure Waffen und sorgt bitte für ausreichend Munition. […] Überprüft auch die Panzerfaeuste, damit uns da morgen nix schief laeuft.”

Auch der Berliner AfD-Funktionär Heribert Eisenhardt veröffentlichte K.’s Beitrag auf seinem Facebook-Profil. Eisenhardt ist zurzeit Beisitzer des AfD Kreisverbandes Berlin Lichtenberg. Darüber hinaus tritt er regelmäßig als Redner, Moderator und Pressesprecher bei Bärgida-Verstanstaltungen auf und hetzt dort gegen Politiker („Der Maas ist hohl. Das Maß ist voll.”) und diffamiert Pressevertreter als „Lügenpresse”. Um weitere Skandale zu verhindern, erwog der Berliner AfD Landesverband Mitte 2015 nach Bekanntwerden seiner politischen Aktivität ein Parteiausschlussverfahren. Da Eisenhardt zusicherte, nicht mehr bei Bärgida-Veranstaltungen aufzutreten, wurde von einem Parteiausschluss, laut Angaben der AfD, abgesehen. Jüngst nahm er am 2. April an der von der rechten Initiative „Nein zum Heim” organisierten Demonstration in Berlin Marzahn-Hellersdorf teil, an der sich zahlreiche NPD-Mitglieder und Bärgida-Aktivisten beteiligten.

Wolfgang Rehfeld (AfD Sachsen-Anhalt) teilte auch den Beitrag von Christoph K. auf Facebook. Zuletzt trat er als Direktkandidat zur Landtagswahl an und erreichte in seinem Wahlreis 25,7 Prozent der Erststimmen. In seinem Facebook-Profilbild steht: „Es gibt einen Plan, eine Verschwörung! Die USA wollen Europa, vornehmlich Deutschland ins Chaos stürzen. Warum? Immer mehr erkennen das Lügenkonstrukt das nach dem Krieg aufgebaut wurde.“

Das Veröffentlichen von Feindeslisten ist in der rechten Szene Berlins nicht neu. Einzelne dieser Fotos und Namen wurden bereits auf der 2011 indizierten Webseite des rechten Netzwerks „Nationaler Widerstand Berlin“, als Teil einer jahrelangen Diffamierungs- und Bedrohungskampagne, veröffentlicht. Der Gewaltaufrufe im Internet folgten in den letzten Jahren mehrfach Anschläge und Übergriffe auf die Betroffenen. Bundesweit werden auf Pegida-Demonstrationen bzw. in Sozialen Medien Parolen wie „Lügenpresse in die Fresse!“ skandiert. Bekannt ist der Begriff „Lügenpresse” bereits aus der Zeit des Nationalsozialismus und Weimarer Republik. Er wurde u.a. von Joseph Goebbels zu Propagandazwecken für die Diffamierung der ausländischen Presse verwendet („jüdisch marxistische Lügenpresse”). Jüngst wurden erneut Journalisten des JFDA von Teilnehmern einer rechten Demonstration in Berlin körperlich angegriffen.

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