Seit 1979 findet er statt: Der israelfeindliche al-Quds-Marsch, an dem jedes Jahr weltweit zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan für die Vernichtung des jüdischen Staates Israel demonstriert wird. Der al-Quds-Marsch wurde vom iranischen “Revolutionsführer” Ayatollah Chomeini initiiert und ist ein Sammelbecken für Antisemit:innen, Israelhasser:innen und Anhänger:innen des iranischen Regimes. In Deutschland findet er seit vielen Jahren in Berlin statt. Im letzten Jahr wurde der antiisraelische Aufmarsch jedoch vom Veranstalter abgesagt, nachdem gegen die Terrororganisation Hisbollah ein Betätigungsverbot ausgesprochen wurde. In diesem Jahr sollte der al-Quds-Marsch am 8. Mai in Berlin stattfinden, wurde jedoch erneut durch den Veranstalter abgesagt.
Israelhass und Antisemitismus wurden am 8. Mai 2021 jedoch trotzdem verbreitet, denn spontan wurden tags zuvor bundesweit al-Quds-Kundgebungen in Hannover, Frankfurt am Main und Nürnberg angekündigt. In Hannover versammelten sich ab 14:30 Uhr am Rande des Bahnhofsvorplatzes 50 Personen, um für die “Befreiung Palästinas” zu demonstrieren.
Die Demonstrant:innen hatten etwa 20 Plakate mitgebracht, auf denen zahlreiche antisemitische Aussage standen. Israel wurde auf mehreren Plakaten als “Apartheid”-Regime bezeichnet. Zionismus, die nationale Befreiungsbewegung der Jüdinnen und Juden, wurde als “Rassismus” und “Terrorismus” bezeichnet. Zu lesen waren auch klassische antisemitische Topoi. So wurden die Medienkonzerne Bertelsmann und Springer als “Propaganda-Maschine der Zionismus-Lobby” charakterisiert - eine nur wenig kaschierte Variante der antisemitischen Phantasie, dass Juden die Presse kontrollieren und für ihre Zwecke nutzen würden. Auf dem Plakat war zu lesen, dass “Israels Scharfschütze” “gezielt” Kinder töten würde. Dies kann als gegen Israel gewendete Reformulierung der mittelalterlichen antijudaistischen Ritualmord-Legende verstanden werden.
Unter den Teilnehmenden befanden sich mehrere Kinder, die teilweise Plakate um den Hals gehängt hatten. Sie beteiligten sich auch deutlich vernehmbar an Sprechchören und Parolen, die sie laut mit riefen. Kinder trugen Plakate mit u.a. den Aufschriften "Israel ermordet gezielt Zivilisten", "Zionismus tötet" und "Israels Scharfschütze tötet gezielt Kinder". Hier wäre zu prüfen, ob ein Fall von Kindeswohlgefährdung vorliegt. Ähnliche Fälle hatte es immer wieder zuletzt auf verschiedenen Querdenker-Demonstrationen in ganz Deutschland gegeben. In jedem Fall ist die Instrumentalisierung von Kindern für politische Anliegen zu kritisieren, die auch heute in Hannover zu beobachten war.
Auch der einzige Redner der Kundgebung griff diese antizionistisch-antisemitischen Inhalte in seiner Rede auf, die mehrmals vortrug. Er bezeichnete Israel als “Apartheid-Regime”, sprach davon, dass “Palästina in Blut versinke” und dass die Medien dies verschweigen würden. Der Redner nahm auch Bezug auf einen Bericht der NGO Human Rights Watch, die Israel vor Kurzem “Apartheid” vorgeworfen hatte. Bereits die Gründung Israels 1948, so der Redner, sei ein Ausdruck von “Apartheid” gewesen.
Seine Rede war eine einzige Tirade, die auf die Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates zielte.Der Redner erklärte, dass Israel “sich nimmt, was es will” und dabei “über Leichen geht”. Israel sei dafür verantwortlich, dass Gaza das “größte Freiluftgefängnis der Erde” sei. Gaza solle “erstickt werden”. Israel sei ein “Terrorregime” und der Zionismus sei “die moderne Ideologie des heutigen Rassismus”. “Zionismus” sei “jene Ideologie, die sich nimmt, was sie möchte”.
In Sprechchören, die der Redner anleitet, riefen die Teilnehmer weitere antizionistische Inhalte: “Palästina wird befreit - wir sind bereit”, “Israel ist Folter, Israel ist Mord - Freiheit für Palästina jetzt sofort”, “Warum hört die Welt nicht zu?”, “Menschen sterben, Menschen leiden, alle Medien aber schweigen”, “Palästina ertrinkt in Blut, keiner was dagegen tut”.
Auf Nachfrage erklärte die Polizei, dass sie die Parolen auf den Plakaten prüfe. Bis zum Ende der Kundgebung wurden die antisemitischen Inhalte auf den Plakaten nicht beanstandet, diese konnten bis zum Ende der Kundgebung gezeigt werden.
Deutlich mehr Personen versammelten sich zur selben Zeit auf dem Bahnhofsvorplatz zu einer Gegenkundgebung. Etwa 100 Menschen kamen hier ab 14:30 Uhr zusammen, um gegen Antisemitismus, Islamismus und völkischen Nationalismus zu demonstrieren. Bei gutem Wetter lauschten die Teilnehmer:innen mehreren Redebeiträgen. Getragen wurde die israelsolidarische Kundgebung u.a. von der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover, dem Bündnis gegen Antisemitismus Hannover und dem feministischen Bündnis “drift”.
Fotos: JFDA e.V.
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