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„Herzliche Glückwünsche an die Henker von Teheran“ (Borgmanns Blick)

„Herzliche Glückwünsche an die Henker von Teheran!“ Wer sagt denn so etwas?

Steinmeier. Aber natürlich nicht wörtlich. Als ehemaliger Außenminister drückt sich der Bundespräsident diplomatisch aus. Wörtlich sagt er in einem Telegramm an die iranische Führung: „Zum Nationalfeiertag der Islamischen Republik Iran übermittle ich Ihnen, auch im Namen meiner Landsleute, meine herzlichen Glückwünsche.“ Also herzliche Glückwünsche an eine Diktatur, die Terroristen unterstützt, aggressiv die Auslöschung Israels fordert und gern auch Todesurteile gegen politisch Missliebige, Homosexuelle und Minderjährige fällt?

Der Iran steht mit der Zahl seiner Hinrichtungen gemessen an seiner Bevölkerungszahl ganz oben. Über 200 Menschen wurden allein im Jahr 2018 hingerichtet, üblicherweise durch Erhängen. Maßgebliche Kräfte im Iran halten Israel für ein zu beseitigendes Krebsgeschwür. Bei Raketentests verwendete Geschosse waren mit dem Satz „Israel muss ausradiert werden“ beschriftet. Soll man einem Regime, das das zulässt, herzliche Glückwünsche zum Nationalfeiertag übermitteln?

Ja, sagt der Bundespräsident, denn Gratulationen zu Jahrestagen entsprächen den diplomatischen Gepflogenheiten und jahrelanger Staatspraxis. Nein, sagt der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, und beklagt fehlende Sensibilität im Präsidialamt. Wenn es denn schon als notwendig gesehen wurde, zum Nationalfeiertag zu gratulieren, hätten deutliche Worte der Kritik an dem Regime nicht fehlen dürfen.

Wegen des verheerenden Echos auf sein Glückwunsch-Telegramm durch viele Bürger sah sich Steinmeier anschließend gezwungen, seine Position zu verdeutlichen. „Im Iran werden Menschenrechte mit Füßen getreten und auch in der Region spielt der Iran eine destabilisierende Rolle“, sagte er dem Präsidenten des Zentralrates der Juden in einem Telefongespräch. Mit dem Argument, er wolle den Gesprächsfaden mit dem Regime nicht abreißen lassen, verteidigte er sein Glückwunschtelegramm dann auch in einer öffentlichen Diskussionsrunde.

Wo sind die Grenzen der Diplomatie und wann ist klare Kante gefordert? Sicherlich ein Dilemma, das in jedem Einzelfall anders beantwortet werden muss.

Und wenn er schon meint, Gratulationstelegramme versenden zu müssen, bitte in seinem Namen und nicht im Namen seiner Landsleute. Ich bin zwar ein Landsmann von Frank Walter Steinmeier, aber in meinem Namen hat er beim Versenden dieses Telegramms an das Regime der Mullahs nicht gesprochen.


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